Wie kommt man zu einem Kabinenroller?

Schon immer war es mein Traum, einmal einen Kabinenroller zu fahren. Aber wie kommt man an so ein exotisches Teil? Man kauft sich alle möglichen Oldtimer-Zeitschriften, man kauft sich Bücher über Oldtimer, man fragt Freunde und Bekannte. Aber nichts bringt wirklich etwas. Mir wurde schnell klar, so etwas kann man nicht einfach kaufen, so etwas muß man sich erarbeiten.

Oder, der Zufall hilft.

Fr. 15.09.2000

Aufmerksam geworden bin ich durch eine Anzeige im Internet unter WWW.classicdriver.com/de/find mit dem Inhalt: Messerschmitt KR 200 rot Baujahr 1959 Preis 12.000 DM

So. 17.09.2000

Am nächsten Tag Telefongespräch mit dem "VERKÄUFER" :

Frage: Ist das Angebot noch zu haben? Nein, ist längst (!) weg, aber ich bekomme am nächsten Samstag zwei KR aus Schweden:

Meine Frage nach dem Zustand:

Di.19.09.2000 8:00

Telefongespräch mit dem "VERKÄUFER":

Mi.20.09.2000 19:30

Anruf von dem "VERKÄUFER":

Do.21.09.2000

Anruf bei Oliver Vogel (Messerschmitt-Club):

Längeres Gespräch: ...ist ja Klasse... willkommen im Club... wir kriegen das schon alles hin... hmm es ist vielleicht besser wenn einer aus dem Club mit draufschaut ... hmm ich kenne da einen aus Hamburg, der ist in Ordnung, der hilft dir sicher! ... Name: Claus Lampe Telefon...

Kleine Anekdote im Gespräch: "Die Anmeldung beim TÜV ist so eine Sache. Auf den Bremsenprüfstand braucht der nicht. Die Reifen sind zu klein, da fällt er gleich zwischen die Rollen. Dann will der Prüfer meist eine Runde um den Hof drehen. Pass auf! Wenn er zurückkommt stell dich vor die Grube. Die denken meist nicht daran, dass hinten nur ein Rad ist und fallen dann in die Grube. Dann war die ganze Arbeit umsonst!" Noch weitere wichtige Tips folgen: "Pass auf, dass der Rahmen um die Einstiegsöffnung nicht verbohrt ist, dass ist das einzige Teil welches nicht mehr zu beschaffen ist."

Kurz danach

Anruf bei Claus Lampe(Messerschmitt-Club-Hamburg):

"hmm ... na klar helfe ich. Nächsten Sonntag? Ok da habe ich eh nichts besseres vor! Aber abholen must du mich. Sonst muss ich mit meinem Karo dahin tuckern und das ist ein bischen weit!"

Klasse, wenn das so weiter geht...

Der Kauf

Sa.23.09.2000

Anreise und Übernachtung in Reinbek bei Hamburg.

So.24.09.2000

Anfahrt zu Claus Lampe.

Wir werden herzlichst empfangen und sind gleich mitten im Geschehen. Wir fahren nach Reinbek zur Besichtigung. Der große Augenblick. Der erste Anblick ist schlimm.

Der eine Karo ist hinten eingebeult, der Tank ist durchgerostet, der Motor sieht übel aus, aber dreht noch. Ansonsten ist dieser reichlich verrostet und sieht vom Blech her übel aus.

Der zweite Karo scheint besser erhalten zu sein. Der rechte Kotflügel ist zwar durchgerostet. Das Loch ist mittels untergelegtem Blech und Popnieten grausam geflickt. Der Motor dreht nicht mehr ganz durch, aber er bewegt sich noch. Alle Gummis sind morsch. Claus meint so schlimm ist der gar nicht ... das kann man alles machen. Leider ist die Frontscheibe zerbrochen und die Kuppel an einer Stelle ca. 3 cm geplatzt. Was mich erstaunt sind die Reifen. Das Reserverad hat noch volles Profil und auch die anderen 3 Reifen sind vom Profil her kaum abgenutzt. Da das Gummi hart ist muss ich die zwar austauschen, aber es gibt Aufschluß über die Fahrweise des Vorbesitzers. Der Auspuff ist durch eine dicke Schicht Farbe gut konserviert. Der Motor macht auf mich einen gepflegten Eindruck - soweit das nach 35 Jahren zu beurteilen ist. Der Vorbesitzer hat das Fahrzeug offensichtlich wenig gefahren und gut gepflegt. Das fördert bei mir die Kaufentscheidung.

Ansonsten kann ich keine Durchrostungen feststellen. Es ist auch - bis auf die Spiegel - alles vorhanden. In einer Kiste finde ich noch ein halbes Getriebe und einige andere Ersatzteile.

Auf der Rückfahrt hat unsere Tochter Nadine auch gleich einen Namen für das neue Gefährt: "Karoline" wird sie ab sofort genannt. Na ja, hat was Gutes, dann darf ich sicher mal auf einem Frauenparkplatz parken. Hoffentlich ist Karoline nicht so zickig wie ein Mädchen.

Die Anlieferung

27.09.2000

Der Verkäufer hält Wort. Da er noch nach Süddeutschland eine Isetta liefern muss, ist er bereits um 3:00 Uhr in der Nacht da. Macht nix, ich konnte vor Aufregung eh nicht schlafen. Karoline abgeladen, dann erst mal einen Kaffee getrunken, Geld übergeben, Quittung unterschrieben (das muß ja alles seine Ordnung haben), Übernahme perfekt.

So, nun bin ich stolzer Besitzer eines Haufen Edelschrotts.

Die Karo-Restauration

14.10.2000

Heck restauriert. Tank ausgebaut und entleert. Es befanden sich noch ca. 1 L Benzin im Tank. Das Reserve-Umschaltventil war verstopft, aber der Tank war kaum verrostet. Tank mit Rostschutzfarbe (schwarz) gestrichen. Gummidichtung um den Tankdeckel muß erneuert werden.

20.10.2000

Nach einem Tip meines Autohändlers und KFZ-Meisters R.Höck dreht der Motor wieder.

Tip: Die Kerze ausbauen und in die Öffnung Rostlöser gießen. (Den Kolben in Rostlöser eintauchen) Danach 2 Tage einwirken lassen.

Zündkerze sieht erstaunlich gut aus.

Keine Zündung, da kein Funke an der Kerze, Unterbrecherkontakt schaltet nicht. Anlasser dreht in beide Richtungen mit Fremdstartkabel da die Batterie nicht vorhanden.

23.10.2000

Unterbrecher ausgebaut. Rotes Kabel Rückwärtslauf (R) links unten Schwarzes Kabel Vorwärtslauf (V) rechts oben. Es befindet sich eine Markierungskerbe an Gehäuse und an der Unterbrecherplatte.

Vergaser ausgebaut und mit Benzin ausgewaschen.

Wie kann man die Züge lösen, ohne die Kolben aus dem Vergaser auszubauen?

24.10.2000

Unterbrecherkontakte ausgebaut, abgeschliffen neu eingestellt. Zündfunke kommt wieder.

Wie kann man den oberen Totpunkt bestimmen, wenn keine Markierungen vorhanden sind? Oder gibt es welche und ich sehe sie nicht?

Es soll eine Möglichkeit geben mit einer alten Kerze, die ausgebohrt wird und mit 10 mm Gewindestange versehen wird und danach 4 Umdrehungen eingeschraubt wird. Aber ich besitze keine Kerze mit diesem Gewinde.

Zündkontakte nach Augenmaß eingestellt, Vergaser mit Benzin gefüllt. 3. 4. Startversuch mit gezogenem Shoke mit Erfolg! Er startet mit starkem (weißen) Qualm! Die Nachbarn erkundigen sich ob etwas passiert ist.

Die erste Zündung nach 35 Jahren!!! Was ein Motor!!! Danach Zündkerze naß und Öl-/ Rostlöser-auslauf aus dem Anschlußstutzen des Auspuff.

Es gibt noch viel zu tun. Aber die Tage sind jetzt zu kurz. Wenn ich von der Arbeit komme ist es schon dunkel und die Garage hat keinen Strom.

Nov.2000

Der Umbau der Garage ist notwendig. Über dem Karo habe ich aus Holz einen Zwischenboden eingebaut, auf dem die Ersatzteile und restaurierten Teile Platz finden.

Für das Hinterrad habe ich mir aus 4 Gelenkrollen einen drehbaren Untersatz konstruiert, damit ich die Karoline quer vor mein anderes Auto plazieren kann.

07.02.2001

Das Wetter ist gut. Ich baue das Karologo, den Messerschmitt-Schriftzug und die Zeituhr aus. Die Uhr geht nicht mehr, ist aber laut Stempel von 28.4.55. Marke "Köhler"

10.02.2001

Heute habe ich die "Inneneinrichtung" ausgebaut. Einen Eimer voll klebrigem, zerbröselnden Schaumstoff habe ich aus den ehemaligen Polsterungen der Rücksitze herausgekratzt und entsorgt. Tacho, Blinker und Scheinwerfer ausgebaut. Scheibenwischermotor ausgebaut und gereinigt. Das Fett im Getriebe des Motors ist harzig und hart. Nachdem ich es entfernt und ersetzt habe läuft der Wischermotor wieder wie neu. Die Spiegel der Scheinwerfer sind angerostet aber nicht durch. In meinem Übereifer habe ich sie entrostet und mit Chromspray aus dem Baumarkt eingesprüht. Ist nicht 100%ig aber zumindest 80%ig. (Nachher habe ich dann neue Spiegel plus Fassungen vom Club gekauft!). Chromteile mit Messingbürste und Polierpaste bearbeitet. Erfolg 99%ig. Wie Restauriere ich den Tacho? Wie erhalte ich dabei den Karo-Vogel darauf?

Wie soll ich nur die Kunstlederteile reinigen? Unzähligen Versuche mit allen möglichen Mitteln ohne richtigen Erfolg. Der Fahrersitz ist auch durchgesessen und zerrissen. (Später entscheide ich mich für einen Neukauf der Bezüge)

Heute sind die KaRo-Nachrichten gekommen. Upps! Im Nachbardorf 2 km entfernt gibt es einen weiteren Karo und ein neues Mitglied! Gleich angerufen. "OK wir treffen uns auf ein Bier zum Erfahrungsaustausch." (Anmerkung: aus dem einen Bier mit Alfred sind durch mehrere gemeinsame Schraubereien natürlich auch mehrere gemeinsame Biere geworden!)

Woche 11.02.-17.02.2001

Das Wetter ist nicht so gut, deshalb entroste ich Kleinteile aus dem Fahrzeug-Innenraum im Keller. Abdeckbleche vor den Pedalen entrostet und gestrichen. Ein Blech war gerissen. Dünnes Blech untergelegt und festgenietet. Ich habe versucht den Messerschmitt-Schriftzug und den Vogel zu digitalisieren und nachzuzeichnen, um es eventuell später nachbauen zu können.

10.03.2001

Heute habe ich mich an den linken Kotflügel gemacht. Er ist mit acht 4 mm Schrauben und zwei 8 mm Schrauben befestigt. Die kleinen Schrauben waren so festgerostet, dass alle beim Lösen abgebrochen sind. Einige mußte ich sogar mit dem Trennschleifer abschleifen. Stoßdämpfer ausgebaut: Schrott. Hupe ausgebaut. Keine Funktion. Das Gehäuse ist aus Bakalit. Vorsicht das bricht leicht. Nachdem ich das Gehäuse geöffnet habe, konnte ich sehen, dass der Unterbrecherkontakt festgerostet war. Kontakt ausgebaut, gereinigt und abgeschliffen. Nun prötet sie wieder!

Die Stoßstange ist mit Spax-Schrauben angeschraubt. Pfusch. Starker Rost. Beim Neuanbau werde ich Nirosta-Schrauben nehmen.

11.04.2001

Heute habe ich den linken Kotflügel probeweise zum Sandstrahlen gebracht. "Kein Problem kostet 30,-DM" Frage nach der restlichen Karosserie? "Wird schwierig, ich bekomme das nicht in den Apparat wenn das Teil größer als 105cm x 95cm ist. Reimund Höck will anschließend den Kotflügel schweißen. Danach soll er mit Rostprimer grundiert werden.

Die Kabel und den Leerlaufzug kann ich in den Rohren lassen. Nur mit extra starkem Klebeband abwickeln und gut abdichten.

Der Versuch einer Bestellung der Reifen bei Fa. XXX war eine Pleite. Was sind das denn für Dinger? 4,00-8/4 PR für einen Oldtimer? "Nöö...ham mer net. Könn mer auch net besorgen!" Danke, dann kauf ich bei euch auch keine Standard-Reifen mehr! Beim Club kosten die Dinger 68,-DM nur die sind in Werdol so weit weg.

Danach habe ich das Dach abgebaut und den rechten Kotflügel demontiert. Eine Felge entrostet und grundiert.

12.04.2001

Nachdem ich den Kotflügel vom Sandstrahlen geholt habe, mußte ich wieder etwas lernen. Der gestrahlte linke Kotflügel sieht jetzt zwar gut aus, aber wie lange noch? Laut Sandstrahler ca. 3-4 Tage dann fängt er wieder an zu rosten. Aber heute ist Donnerstag vor Ostern! Wer schweißt mir das noch? Mist! Aber macht nichts, hat nur 20,- DM gekostet und er muß eh noch einmal gestahlt werden.

Der rechte Kotflügel sieht übel aus. An einer Stelle ist eine Handflächen große Stelle durchgerostet. Der Vorgänger hat einfach eine Platte von unten angenietet und zugespachtelt. Im Bereich des Radausschnittes ist er eingerissen. Hier muß ein Schweißdraht untergelegt werden und die Kante umgebördelt werden. Ansonsten ist er wohl noch zu retten.

13.04.2001

Heute ist Freitag. Ich habe frei und kann den ganzen Tag schrauben! Aber warum muß es ausgerechnet heute schneien? Ich verbarrikadiere mich in der Garage mit geschlossener Tür, Verlängerungskabel Heizlüfter und 1000W-Lampe. Der Motorausbau geht flott, aber wie zum Teufel bekommt man die Züge am Motor ab? Die Blackbox baue ich gleich komplett mit Motor aus. Trennstelle an der Lüsterklemme links oben.

Danach baue ich noch die Pedalerie im Bug aus. Die Handbremse (kleiner Splint) und der Bremszug machen mir die größten Probleme.

Danach wird noch der Kabelbaum ausgebaut. Durch die Löcher der Scheinwerfer geht das recht flott. Aber die beiden Kontrollleuchten rechts sitzen bombenfest. Ich schraube die Kabel ab lasse sie erst mal stecken. Nachdem heute beim Fotografieren schon der Fotoapparat das Zeitliche gesegnet hat, will ich nichts weiter riskieren.

01.05.2001

Plexiglashaube ausgebaut. Wieso ist die Haube nur mit Silikon in dem Rahmen und am Gummischlauch festgeklebt? Die sitzt so fest, dass beim Ausbau die Haube in der Mitte durchbricht! Na ja, ich habe ja zum Glück noch die Ersatzhaube. Aber die ist stark verkratzt und muß poliert werden. Ein Arbeitskollege (Segelflieger) erzählt mir, bei den Fliegern polieren sie ihre Hauben mit Zahnpasta. Wie sich später herausstellt ist das eine rechte Sauerei, aber das Ergebnis kann sich sehen lassen.

04.05.2001

Schwinge ausgebaut. Nachdem ich den Motor von der ca. 3 mm dicken Schmutz und Ölschicht befreit habe finde ich auch das Motor-Typenschild.

Motor Nr: 20.34086
Hubr. 191 cm³ 10,2 PS
Baujahr ´55
~T102 Sachs 200L

Nach Abbau des Ventilatorgehäuses lege ich die Kühlrippen des Motors mit dem Schraubenzieher frei. Die oberen Rippen sind fast vollständig mit Dreck zu! Wie konnte der Motor das überleben? Nach Abschrauben des Zylinderkopfes eine Überraschung: Der Kolben und die Kopfinnenseite haben fast (!) keine Ablagerungen. Nur ca. 0,1 mm Kohle-Russ. So gut wie neu!

29.05.2001

Heute habe ich mich an den Bug gewagt.

An der Unterseite ist die Haube geschweißt worden. Danach nicht weiter behandelt. Sehr viel Rost. Die Verbindungsschrauben sehen noch recht neu aus. Schrauben von hinten nach vorne eingesteckt und Muttern von vorne aufgesteckt. Unprofessionell geflickt.

Der Ausbau der Lenkung geht gut vonstatten.

31.05.2001

Pedalerie zerlegt, gereinigt und neu lackiert. Klingt einfach, ist aber für einen Elektriker wie mich ein 3D-Puzzle.

Woche 05.06.-08.06.2001

Schwinge und Bremse hinten zerlegt und gereinigt. Schwingenrahmen komplett zerlegt, gereinigt, mit Rostprimer vorgestrichen, mit der Sprühdose lackiert und danach zusammengebaut. Das Rohrgestell habe ich schwarz gespritzt. Die Bremstrommel mit roter feuerfester Farbe gespritzt. Die Bremsbacken sind leicht ölig. Mit Verdünnung abgewaschen, leicht aufgerauht und zusammengebaut. In der Schwinge ist kein Öl mehr vorhanden.

08.06.2001

Heute habe ich alle Blechteile zum Sandstrahlen gebracht. Alles paßte in meinen Kombi. Jetzt liegt der ganze Karo neben anderen Rostteilen in der Sandstrahlerei in Usingen. Ich habe ein recht mulmiges Gefühl in der Magengegend. Wenn da was wegkommt bei dem ganzen Schrott.

18.05.2001

Alle Teile vom Sandstrahlen geholt und zu Reimund Höck in die Karosseriewerkstatt gebracht. Dort ist das Teil wohl in besten Händen.

KW34 2001

Motor weiter gereinigt, Lüfterrad und Glockenanker abgebaut. Alfred hat mir seinen Ankerabzieher geliehen. Die Kohlen sind bis auf 2 mm abgeschliffen. Neue Kohlen bestellt und eingebaut. Die Kollektoren sehen noch recht gut aus. Alles gereinigt und zusammengebaut. Wegen mangelnder Erfahrung habe ich versäumt die Spulen nachzumessen. Durch Masse-Schluß an einer Wicklung funktioniert jetzt der Rückwärtsgang nicht mehr. Das muß mir passieren!
Die Blackbox zerlegt, gereinigt und gespritzt. Der Magnetumschalter mußte zerlegt werden, da die Kontakte angelaufen waren und schlechten Übergangswiderstand hatten.
Das Horn war vom Vorgänger mit schwarzer Farbe bepinselt worden. Daher habe ich mit feinem Schmirgel vorsichtig die alte Farbe abgeschliffen. Die Risse im Horn habe ich mit einem Schnitzmesser ein wenig verbreitert und mit Sekundenkleber und Füllgranulat geklebt. Das hält erstaunlich gut. Danach habe ich es mit der Sprühdose in Wagenfarbe gespritzt.

KW35 2001

Alu Rahmen (Dach) abgeschliffen und poliert. Die Stege an der Windschutzscheibe habe ich ausgebaut und mit Chromspray gespritzt.

Aus dem Edelschrott in der Karosseriewerkstatt wird langsam wieder ein Fahrzeug. An der Einstiegseite hat er auf ganzer Länge einen Winkel eingeschweißt, das Loch im rechten Kotflügel ist zugeschweißt und mit Zinn geglättet. Das macht alles einen sehr professionellen Eindruck.

30.10.2001

Vorigen Samstag habe ich in der Karosseriewerkstatt die neue Stoßstange gebogen und angepaßt. Beide Kotflügel sind spritzgespachtelt. Heute war Karo-Treffen. Wolfgang hat mir einen Tip zum Biegen der Zierleisten gegeben: Die Zierleisten mit dem Brenner vorsichtig auf Temperatur bringen, bis ein abgebrochenes Streichholz beim darüberstreichen zu glimmen anfängt. Dann kann man mit Arbeitshandschuhen die Zierleisten leicht in alle Richtungen biegen. An einer Stelle mit einem "alten" 6 mm Bohrer die Leisten von hinten aufbohren, um dort die Schrauben einstecken zu können. Aber Vorsicht nicht ausgerechnet an der Stelle bohren wo später die Schraube hin soll!

November.2001

Zierleisten gebogen und vormontiert. Eine Sch... Arbeit! Trotz Arbeitshandschuhe Brandblasen und die Dinger wollen partout nicht die Form annehmen wie sie sollen! Und dann noch die Schrauben durch die gebogenen Leisten zu befördern! Fast unmöglich!

März 2002

Der Zusammenbau

Zuerst einmal habe ich mir eine fahrbare Konstruktion aus einem Holzrahmen mit Böcken gebaut. Hierauf habe ich die Wanne gelegt. So kann man wesentlich besser arbeiten und braucht sich nicht ständig bücken. An die Wanne habe ich zuerst einmal die Vorderachsen angeschraubt. Dann die Züge durch den Tunnel geführt. Bei den Zügen unbedingt prüfen, dass sich kein Zug um den anderen wickelt.
Weil es jetzt so schön einfach war, habe ich schon mal die Pedalerie eingebaut und die Züge eingehängt. Wie sich später herausstellte, war das umsonst. Zum Aufsetzen des Bug muß die Pedalerie heraus – zumindest gelöst werden. Bei dieser schweißtreibenden Arbeit hat mich Alfred tatkräftig unterstützt. Sobald der Bug sitzt, wird er oben seitlich und dann unten verschraubt. Jetzt ist ein guter Zeitpunkt die Pedalerie und die vorderen Bremszüge einzubauen.
Danach habe ich den Kabelbaum und die Blinker sowie die Schalter und Instrumente eingebaut. Jetzt kommt die Lenkung an die Reihe. Die Spur habe ich einfach nach den alten Markierungen eingestellt. Das Anschrauben der Kotflügel geht recht flott. Den rechten Kotflügel sollte man erst provisorisch befestigen, denn nun kommt der Haubendeckel drauf. Dieser wird aber zusammen mit dem rechten Kotflügel verschraubt. Das Anschrauben der Stoßstange und der restlichen Zierleisten ist eine zeitraubende Geschichte. Danach habe ich die Motorhalterung und die Schwinge angeschraubt.
So nun konnte Karoline endlich wieder auf ihren eigenen 3 Beinen stehen.

16.03.2002

Haubenrahmen aufgesetzt. Heckklappe aufgesetzt und angeschlossen. Verbesserung: Anstatt Lüsterklemme habe ich eine Steckverbindung eingebaut. Jetzt kann ich die Heckklappe mit wenigen Handgriffen abheben.

Bremsschalter justiert. Bremsen ziehen nicht richtig. Wie sich später herausstellt ist das Gewinde in der Halterung an der Pedalerie ausgebrochen und dadurch rutscht das Seil bei jeder starken Bremsung einen Gang weiter.

Mit Alfred die neue Windschutzscheibe eingebaut. Der Trick dabei:

  1. Füller aus Gummirahmen entfernen
  2. Gummirahmen in die Karosserie einsetzen
  3. Scheibe erst oben eindrücken, dann seitlich und zuletzt unten.
  4. Mit viel Seifenlauge (Spüli) und einem Holzkeil den Füller einpressen. (Schraubenzieher zerreist das Gummi!) cm für cm bis die Finger knacken. Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen!

19.3.2002

Die ersten Probefahrten auf dem Garagenhof werden getätigt. Die Kinder stehen Schlange!

Die Bremsen ziehen nicht richtig! Wie verstellt man nur die Grobeinstellung an den Trommeln?

TÜV
Gutachten zur Erlangung einer Betriebserlaubnis nach §21 StVZO

08.04.2002

Die Papiere vom Kraftfahrtbundesamt sind eingetroffen. Ab jetzt habe ich 4 Wochen um die Karoline über den TÜV zu bringen. Ich rufe bei der nächstgelegenen TÜV-Abnahmestelle an. Antwort: "Nur heute bis 15:00 Uhr und nur bei der staatlichen TÜV-Abnahme in Friedberg und der einzige Prüfer für die Neuzulassung von Oldtimern geht ab morgen in Urlaub!"

Panik! Schnell die roten Schilder von meinem Autohändler ausgeliehen. Danach zu Alfred gefahren, um gemeinsam das Standgas einzustellen. Volltanken. Alle Papiere zusammen sammeln (Bescheinigung von KBA, für Notfälle den alten schwedischen Brief eingesteckt, Kaufbescheinigung als Eigentumsnachweis und – wichtig – ein Verkaufsprospekt vom MCD mit den technischen Daten)

So ausgerüstet begebe ich mich auf die erste ca 20 km lange Strecke zum TÜV. Auf der Fahrt stelle ich fest, dass die Bremse plötzlich stark nach rechts zieht. Ich muß bei jeder Bremsung kräftig gegen lenken. Na das wird wohl nichts mit dem TÜV, denke ich mir. Der Motor dreht bei jedem Ampelstop recht hoch. Die gemeinsame Blitzaktion der Vergasereinstellung war wohl auch nicht so ganz erfolgreich. An der nächsten Ampel fällt mir plötzlich der Innengriff des Türschlosses entgegen. Kein Problem, aber Karoline hat offensichtlich eine TÜV-Allergie.

Ansonsten werden die ersten Straßen-km gut gemeistert. Karoline schnurrt ihre km ab wie eine Nähmaschine. Nur über mich werden alle anderen Autofaher denken ich hätte getrunken; wie schafft man es nur, auf gerader Landstraße mit Karoline geradeaus zu fahren? Ständig will ein anderes von den 3 Rädern in die beiden LKW-Spurrillen eintauchen!

Beim TÜV angekommen meinen die anderen Leidensgenossen: "Oh Mann was ist denn das für ein Teil? Das willst du abnehmen lassen? Na ja für Baujahr 1955 sieht es ja echt Klasse aus. Wir drücken dir mal die Daumen!" Schnell noch mal mit dem Lappen unter dem Getriebe und unter der Schwinge den obligatorischen Tropfen Öl abgewischt, dann kommt der Prüfer: "Oh Klasse was haben wir denn da? Wo steckt denn der Motor? Na ja sieht ja schön sauber aus! Typenschild? Ist zwar nachträglich eingebaut, das sehe ich, aber OK! Wo ist die Fahrgestellnummer? OK! Dann fahren Sie mal auf den Bremsenprüfstand." – Panik (oder was sagte schon Olli damals beim 1.Telefonat?) – Ich: "Da falle ich ja in das Loch bei den kleinen Reifen! Außerdem ist der Radstand recht knapp und die Bodenfreiheit zu gering!" Prüfer: "Na gut dann fahren Sie mal ein Stück und bremsen mal bis zum Stillstand!" OK wenn ich das selber machen darf, dann weiß ich ja wie ich das Horn festhalten muß.

Prüfer: "So jetzt mal auf die Grube." Ich: "Wie denn? Da falle ich ja hinten rein!" Das ist ein Dreirad!" Prüfer: "Ach ja. Dann schieben wir das Teil halt vorsichtig bis zum Hinterrad." Gesagt, getan. Unten ist natürlich alles neu und es gibt keine Probleme. Prüfer: "So jetzt prüfen wir mal das Licht." Bis auf das linke Standlicht funktioniert alles. Dabei hatte ich gestern noch alles überprüft. Durch die Fahrt hatte sich die kleine Standlichtbirne gelockert. Kein Problem. Selbst die roten Blinkergläser hinten werden akzeptiert. Das war halt früher so und an den Seiten sind sie ja schließlich auch gelb. Ich hatte mich schon darauf eingestellt, notfalls schnell die hinteren beiden Birnen abzuklemmen und zu behaupten, bei Fahrzeugen unter 3 m reichen die beiden Seitenblinker. Aber mit amtlichem Segen ist es so besser.

Nun ist die Technik geschafft, jetzt kommen nur noch die Probleme mit dem Computer.

Prüfer: "Ich habe für das Teil keinen Fahrzeugschlüssel gefunden. Wie heißt das Teil? 'Messerschmitt'? Ich habe hier nur 'Vespa'! Hier gibt es noch 'FMR-Regensburg'. Dann nehmen wir eben das!" Prüfer: "Und für wie viele Personen war das Teil mal zugelassen? Im Prospekt steht 3 Personen, das kommt aber mit der Zuladung von 200 kg nicht hin. Pro Person 75 kg macht 225 kg." Ich habe da eine Idee: "Geht denn 2 Personen und ein Kind?" Prüfer: "Gute Idee. Wir schreiben einfach 2 Personen und ein Notsitz!"

Nachdem ich meine Papiere in der Tasche habe - übrigens "ohne Mängel" - werde ich draußen von den anderen Leidensgenossen mit Applaus verabschiedet! Das hatte ich nun wirklich nicht erwartet!

Die Rückfahrt ist wirklich klasse. Zum ersten mal spüre ich den Stolz, wenn Motorradfahrer mit erhobenem Daumen an mir vorbeifahren oder Passanten mir freundlich zuwinken. Noch nie habe ich in so viele lachende Gesichter gesehen, wie bei den Fahrten mit Karoline. Ich muß mir unbedingt eine Lichthupe einbauen, um schnell genug zurück grüßen zu können.

KFZ-Zulassungsstelle

10.04.2002

Die telefonische Nachfrage ergab: eine Vorführung des Fahrzeugs ist nicht erforderlich. Gut, dann brauche ich auch keine roten Nummern. Ich habe alle Unterlagen dabei. Bis auf den alten KFZ-Brief. Der besteht nur aus einem schwedischen Zettel, den eh keiner richtig entziffern kann. Als Ersatz habe ich mir eine Bestätigung geschrieben, dass das Fahrzeug seit 35 Jahren nicht mehr zugelassen war und kein Brief mehr existiert. Stimmt ja auch: Ein Zettel ist kein Brief. Außerdem kommen dann auch keine Fragen nach einer Import- oder Zoll-Bescheinigung auf. Der letzte Verkäufer ist laut Kaufvertrag ja auch Deutscher.

Für Interessierte (die erforderlichen Papiere):

Im Vorfeld hatte ich mir über das Internet schon eine Wunschnummer reservieren lassen.

Auf der Zulassungsstelle lief alles wie geschmiert. Jeder wollte diese Zulassung bearbeiten. Ich hatte natürlich auch ein paar Bilder meiner Karoline dabei, die alle sofort sehen wollten. Meine Wunschnummer HG-H 1955 wurde mir sogar ohne zusätzliche Gebühren zugestanden. Sogar das einzelne 'H', welches sonst nur für Fahrzeuge mit besonders kleinem Nummernschild reserviert ist machte keine Probleme. So jetzt habe ich auch ein H-Kennzeichen. Es ist zwar nicht ganz an der richtigen Stelle, aber dafür wesentlich preiswerter. Bei der Schildergröße war man auch sehr flexibel: "Ist ja nur so breit wie ein Motorrad, da genehmigen wir alles was der Schilderhersteller so machen kann." Und der hat gemacht was ich wollte! Ich hab's ja letztlich auch bezahlen müssen.